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Über Flüche

Über Flüche

-Album II-

Robert Stripling

 

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Übersicht


Verlag : kookbooks
Buchreihe : Reihe Prosa (Bd. 17)
Sprache : Deutsch
Erschienen : 05. 2021
Seiten : 200
Einband : Gebunden
Höhe : 240 mm
Breite : 170 mm
ISBN : 9783948336127

Du und »Über Flüche«




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Als Isaak vom Opferberg zurückkehrte, hatte er den Glauben verloren. Er war der Widder. Mutter muss alles in seinen Augen gesehen haben. Wie dauern Flüche an? Wie weben sie ihre Auswirkungen durch Jahrhunderte? Nicht allein steht man plötzlich in der Familiengeschichte, sieht Verlinkungen – eine Tafel Schokolade, die über Generationen die Schuldfrage aufrechthält, warum hat man nicht alles gegeben? Das Lazarett Karlsbad. Gibt es Tote, die sich später melden, wenn die Zeit reif ist – als Gespenster oder ganz und gar wirkliche Lieben, die ins Fleisch schneiden? Als Misshandlungen? Wie lassen sich Flüche überwinden? Über Flüche. Album II erzählt die Orte, in denen sich Bewusstsein mit Erinnerung überlagert und verstrickt; Erinnerung, die älter als der eigene Körper erscheint – nah der tschechischen Grenze, das zarte Fleckchen Kindheit am ehemaligen Dreiländereck, zwischen Tschechoslowakei, DDR und BRD. Hier ging nach Kriegsende ein Soldat heim und wurde erschossen. Ein Spatz im Dom Mariä Heimsuchung in Augsburg flattert die bunten Fenster ab, das Gebäude seine gewaltige Voliere. In einem Blumenladen plötzlich der Satz einer Kinderstimme: „Niemand hat das Recht mich zu verletzen.“ Wie die Sprache befreien, in die mit jedem Wort Verletzlichkeit eingeschrieben steht? Über Flüche schließt das Albenprojekt ab, das mit dem gleichzeitig erscheinenden Band Unter Stunden begonnen wurde.
— Robert Stripling

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verwundete Seele du, verwindete Seele : es gibt kein Zurück mehr, sage ich zu Yv, ich meine, das stimmt natürlich nicht, woher soll ich wissen, wo ich steh?, »es geht immer weiter«, sage ich; die Seilschaft der Winde; insgeheim in dunkler werdender Jahreszeit (die Rotkehlchen sind selten geworden) – ausgestorben?, ausgewandert? – verflogen der Gedanke ans »Hören des Genitivs« (Pastior), ich meine ›hörendes Genitiv‹ als sei’s der Kosename eines Straßenkätzchens auf abbröckelndem Mäuerchen in Alexandria oder Sanskrit in der Iris des Kätzchens; das Blitzen im Auge, diese diebische, verschmitzte Freude. Ich trat tiefer, ich trat hinab in Abgründe (eigenartig) oder ›hinauf‹ in Abgründe, hinauf in Anhöhen, Golanhöhen, Hochplateaus usw., diese merkwürdige Annahme, die Seele liege immer unten, in der Tiefe, die Erinnerung liege immer ›hinten‹, wieso? : dieses Ki ndhei tsbi ld – o Gott, ägyptischer Traum, Johannisbeeren in Kondensmilch & Zucker als Kind oder bildete mir dieses Bild als eine Art Kompensation = Kompression, unterm Johannisbeerstrauch die Höhle (die ausgehöhlten Äste überm Schopf), der Druck auf dem Kopf als Kind der Druck durch die Ohren der Druck unter dem Gaumen, ich meine, ›in meinem Mund‹ dieser Mann, ach was, sage ich zu Yv : eine Art Seelenwanderung oder ›Übertragung‹! – eine Dämonenübertragung. Verwundete Seele usw., die Welt der Flüche kennt eine passive, eine aktive
Sphäre – die der Verfluchten & jene, die den Fluch aussprechen : das Land liegt geteilt, will sagen gezwittert & doch wechselt man von Zeit zu Zeit seine Seite, um den Umstand zu begreifen, dass die Verfluchung anhält.

Es ist wie im Traum. Alles, was vorausliegt, sei gewiss. Die Städte deiner Kindheit / Antike; die hitzige Alhambra, sage ich mir, die verwunschenen Innenhöfe & nun wurde der Tag erreicht, da ›alle Zeit‹ gleichzeitig steht : Spanien = Spermien, denke ich, unzählige, flitzende Touristen, drinnen, durch den verschachtelten Baukomplex, vereinzelte Einwegkameras. Was habe ich hier verlor’n? Wespennester, schön ist es doch. Ich musste mein Schweigen brechen. Jeder Satz zittert gleichzeitig; alle Bücher wissen wissentlich ›sich‹; weiß, sage ich, oasenart ig – die Form gerinnt, knittert. Endlich, sage ich mir, wieder ist eine Ankunft erreicht, wippende Dattelpalmen, Zypressen & ein kaum spürbarer, gelegentlicher Windstoß; für eine Zeit kann ich glücklich sein. In der Totenwelt gelten diejenigen Kinder als verwaist, deren Eltern noch leben, so heißt es. Wie dieser Satz die ›goldfarbigen‹, ›sonnendurchfluteten‹ Säulchen umspielt. Sachter, wärmender Wind unter Arkaden, durch das hell-bläuliche, gekachelte Bad. Ich tappe wie ein Geist durch meine Erinnerungen, spuke durch mein Gedächtnis, das ›stillsteht‹ : die Uhr, sinnlose Zeiger; dreieckig einige dreckige Ziffern ohne Wert & alles, was die Zeit vorgab zu erfüllen, hat sich entpuppt als eine lotrechte, bewegungslose Installation.

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