Buch
Feuerspuren
-Neunzehn flammende Erzählungen von Licht und Leidenschaft-Gesellschaft für neue Literatur Berlin (Hrsg.) (Hrsg.)
Übersicht
Verlag | : | edition karo |
Sprache | : | Deutsch |
Erschienen | : | 24. 08. 2017 |
Seiten | : | 172 |
Einband | : | Kartoniert |
Höhe | : | 205 mm |
Breite | : | 135 mm |
Gewicht | : | 250 g |
ISBN | : | 9783945961056 |
Produktinformation
FEUER! Das ist Wärme, aber auch Gefahr, ist Licht, ist Romantik, ist eines der vier Elemente und noch viel mehr. Aus dem Spektrum, das die hier versammelten Texte abbilden, können Sie erkennen, wie vielfältig das Schaffen unserer Autorinnen und Autoren ist. Feuerspuren finden sich in Bombenhagel und Brandstiftung, in engen Räumen und auf dem weiten Meer. Es gibt keine Einheitlichkeit – das Thema "Feuer" ist typisch für uns: Wir "bedichten" keine "Wolkenlöcher" und auch keine anderen hoch-poetischen Nichtigkeiten, sondern wir beschäftigen uns mit dem realen Leben. In Buchstaben. In Wörtern und Sätzen.
Inhaltsverzeichnis
INHALT
Vorwort 7
Jens Grandt 9
DAS VERSPRECHEN
Ingrid Maria Sauer 16
VOM GEFÜHL, IN EINEM ROT-ORANGE-GEBLÜMTEN
KLEID AUF EINER BALUSTRADE ZU TANZEN
Heidi Ramlow 23
WARMER ABBRUCH
Nora Lachmann 33
SONNENWENDE
Wolfgang Fehse 42
BRANDSPUREN
Edeltraud Schönfeldt 51
HELL
Claudia Haarmann 54
HANNOVER-GARBSEN
Rita König 60
EIN RING AUS FEUER
Julia Werner 69
DIE LICHTUNG
Klaus Berndl 80
FEUERALARM
Birgit Ohlsen 85
DAS KALLE-BLOMQUIST-SPIEL
Salean A. Maiwald 95
ANNA REIST
Elisabeth Göbel 105
KRIEG
Sigrun Casper 110
KUNSTFEHLER
Barbara Ahrens 119
SCHÖNE AUSSICHT
Karl-Wolfgang Barthel 128
FEUER VOM HIMMEL –
ERINNERUNGEN EINES ÜBERLEBENDEN
Klaus Esterluß 137
FEUERWANZE
Petra Nouns 149
ANO KATO
Katja Rose 157
DEM FEUER ENTGEGEN
DIE AUTORINNEN UND AUTOREN 171
Leseprobe
"Der Orkan hatte sich mit den üblichen Bildern angekündigt: dichte Zirruswolken, die über dem Horizont ausfaserten. Über Nacht erreichten die Windgeschwindigkeiten dreißig Meter in der Sekunde. Draußen war es stockdunkel. Gegen das Fenster peitschte der Sturm Schneeflocken mit solcher Kraft, dass sie an der Scheibe haften blieben wie splittriges Kristall. Es pfiff und fauchte. Die Holzwände begannen zu knarren und zu knacksen. Auf dem Dach unserer bescheidenen Hütte klapperte ein Blech. - Robert Spillky saß in der Ecke und kaute Cornflakes. Vor ein paar Minuten hatte er den Feuerlöscher aus dem Gurt an der Wand genommen und wieder hingehängt. Mir fiel ein, dass er das schon einmal getan hat. Auch sonst verhielt sich der lange Kerl mit dem dünnen Ziegenbart etwas wunderlich. Manchmal saß er an seinem Arbeitstisch und stierte auf ein Foto, das neben dem Fensterrahmen hing. Darauf war ein junger Mann mit borstigem Haar zu sehen, der sehr selbstsicher dreinschaute. Ein fremder Blick, mir nicht geheuer. Wenn Spillky so dasaß und vor dem Bild zu meditieren schien, kam es vor, dass seine rechte Gesichtshälfte zu zucken begann, ein krampfartiges Zucken, das erst allmählich nachließ. Zu fragen, wer der Porträtierte sei, traute ich mich nicht. Ich war der Neuling hier. Mich hatte es zufällig in die Meteorologengruppe verschlagen, weil ein anderer wegen einer Blinddarmoperation ausgefallen war.
Spillky kannte das Dronning-Marie-Land. Er war erst vor einem Jahr ins heimatliche Brandenburg zurückgekehrt, und jetzt hausten wir schon wieder seit fünf Monaten an der antarktischen Küste.
Der Zeiger der kleinen Kuckucksuhr, die irgendein früherer Bewohner der Hütte zurückgelassen hatte, ging auf dreizehn Uhr, der Beobachtungstermin kam heran. Dass Robert nicht raus wollte, rechnete ich seinem Alter an; er zählte an die vierzig Lenze. Und der Sturm brauste immer wütender. Um unser Domizil feierte die Hölle Hochzeit.
"Sieh dich vor! Ich pass hier auf", sagte er.
(aus: "Das Versprechen" von Jens Grandt)