Übersicht


Originalsprache : Deutsch
Verlag : Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Manesse Verlag
Buchreihe : Deutschsprachige Erzähler

Kurzbeschreibung


»Die Turnstunde« ist eine Erzählung von Rainer Maria Rilke. 1898 wurde das literarische Werk zuerst veröffentlicht.

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Der als unsportlich geltende Karl Gruber, Schüler der Militärschule Sankt Severin, erklimmt in der Turnstunde, um den ständigen Hänseleien der Kameraden zu entfliehen und es allen einmal zeigen zu wollen, mit einem über seine Grenzen hinaus gehenden Kraftakt die Kletterstange und stirbt kurz darauf an akutem Herzversagen.




So kurz, unterstrichen auch durch die knappe Ortsbestimmung am Anfang, die Handlung der kleinen Novelle, denn um eine solche handelt es sich wohl, auch erscheinen mag, zeigen sich in ihr durch die unterschiedlichen Reaktionen der anwesenden Vorgesetzten und Kameraden auf den zum Tode des Zöglings Gruber führenden Vorfall im Turnunterricht doch alle nur menschenmöglichen, für die Situation in dieser Zeit typischen Verhaltensweisen.
Da ist zum einen der als hart, braungesichtig und mit höhnischen Augen beschriebene, die Turnstunde leitende Offizier, der so kurz und zackig, wie beschrieben, auch am Ende der Erzählung den Zöglingen den Tod Grubers mitteilt. Dann der blonde kleine Unteroffizier Jastersky, der durch seine Kommandos und erst recht durch seine lauthals und voreilig herausgeschriene Bemerkung: „Ein Simulant, Herr Oberlieutenant, ein Simulant!“ seine wenig einfühlsame Dienstbeflissenheit kundtut. Und letztlich der Feldwebel Goldstein, der nur seine Pflicht kennt, und lediglich „Antreten!“ kommandiert. Diese drei Vorgesetzten stehen auf der einen Seite.
Auf der anderen Seite stehen die Kameraden und Mitschüler Grubers. Darunter der ebenfalls der vierten Riege, der Riege der schlechtesten Turner, angehörende, zwar einfühlsame, aber doch handlungsunfähige Jerome, der kleine schlaue Krix, der, sich hervorzutun trachtend, an der Tür zum Nebenraum, in den man Gruber nach seinem Zusammenbruch gebracht hatte, lauscht, sowie Pawlowitsch, der „in seiner ganzen Frechheit“, von Riege zu Riege eilend die Ankunft des Regimentsarztes mitteilt und nicht zuletzt auch der „kleine, gelenkige“ Baum, der trotz des allgemeine Unruhe hervorrufenden Vorfalls noch einige Übungen absolviert, als ginge ihn die Sache überhaupt nichts an.
Die unterschiedlichen Reaktionen werden am Ende, beim kommandierten Abmarsch der Kompanie, dann noch überboten durch den Lauscher Krix, der Jerome atemlos, aber mit glänzenden Augen, zuflüstert, den toten Gruber, wie er sich nach seinem Ableben darbot, gesehen zu haben.
Diese kleine Geschichte stellt auch eine gesellschaftskritische Momentaufnahme dar, gewährt sie doch einen guten Einblick in die um die vorletzte Jahrhundertwende herrschenden militärisch strammen Erziehungsmethoden in der österreichischen k.k.-Monarchie.



Kurzkritiken


     
nachhaltig, belehrend
Eine weitere aus Rilkes Frühwerk stammende Erzählung, die, ebenso wie „Pierre Dumont", auf seine Biographie und den verleideten Besuch der Militär-Oberrealschule in St. Pölten Bezug nimmt.


Ausgaben


nicht mehr lieferbar
Deutsche Erzähler des 20. Jahrhunderts
Manesse Verlag, 1994, 536 S., 9783717518549
22,90 €

Deutschsprachige Erzähler von Hauptmann bis Kafka
Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, 1982, 515 S.




Linktipp: »1898« als Erscheinungsjahr haben auch