Film

Übersicht
Filmtyp | : | Spielfilm |
Originalsprache | : | Französisch |
Produktionsland | : | Frankreich |
Länge (Minuten) | : | 1 Stunde 45 Minuten |
Kurzbeschreibung
»A Gang Story« ist ein Kriminalfilm von Olivier Marchal. 2010 ist der Film zuerst erschienen. In den Hauptrollen spielen u.a. Valeria Cavalli, Gérard Lanvin und Tchéky Karyo.
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Besetzung
Regie | : | Olivier Marchal | ||||||||||||||||||||
Produktion | : | Cyril Colbeau-Justin | ||||||||||||||||||||
Drehbuch | : | Olivier Marchal, Edgar Marie | ||||||||||||||||||||
Kamera | : | Denis Rouden | ||||||||||||||||||||
Schnitt | : | Hubert Persat | ||||||||||||||||||||
Filmmusik | : | Erwann Kermorvant | ||||||||||||||||||||
Darsteller | : |
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Le Grand Noir
Momon (Gerard Lanvin) lebt nach außen hin seit fünfundzwanzig Jahren legal. Er hat eine schöne Frau (Valeria Cavalli) an seiner Seite, Kinder mit ihr, mittlerweile sieben Enkel. Er lebt mit seiner Familie auf einem großen Anwesen in einer Villa am See. Man kann sagen, er hat es geschafft. Eines Tages erreicht ihn während einer Familienfeier anlässlich der Taufe seines jüngsten Enkelkindes die Nachricht, das sein bester Freund aus alten Tagen Serge (Tcheky Karyo) wieder in Lyon ist. Doch mit ihm kommen die Probleme. Beide verbindet eine gemeinsame Vergangenheit. Sie waren in den Siebziger und Achtziger Jahren die Anführer einer Gang, die unter dem Namen "Les Lyonnais" bekannt wurde. Wobei Momon der kühle Stratege und Serge der hitzköpfige Macher war. Als der von der Polizei gesuchte Serge in Lyon auftaucht, dauert es nicht lange bis er wieder hinter Schloss und Riegel sitzt. Momon will ihm auf legalem Wege helfen. Durch gute Anwälte. Aber es hilft nichts. Serge hat zu viel auf dem Kerbholz. Außerdem hat er es sich mit einem Verbrecher-Syndikat verscherzt, das nun Jagd auf ihn macht. Und deren Möglichkeiten machen keinen Halt vor Gefängnismauern. Momon sieht keinen anderen Ausweg. Er mobilisiert seine Truppe um Serge zu befreien. Denn er steht noch immer an der Spitze von "Les Lyonnais". Nichts in Südfrankreich läuft ohne sein Wissen und Einverständnis. Die Befreiungsaktion artet in ein Blutbad aus, bei dem viele Polizisten ihr Leben lassen. Von jetzt an steht auch Momon auf der Abschussliste des Syndikats und der Polizei. Seine Vergangenheit, die er längst hinter sich glaubte, hat ihn eingeholt. Dieses Mal steht für ihn mehr auf dem Spiel, als je zuvor. Er muss seine Familie schützen, seine Freundschaft retten und sein Lebenswerk verteidigen. Der alte Zigeuner läuft nochmal zu Hochform auf.
Die Erben Melville's
Alte Gesichter. Alte zerfurchte Gesichter. Die Gesichter alternder Männer. Oh, französisches Kino, wo nimmst du nur diese Gesichter her. Gesichter, die ganze Leben erzählen. Gesichter, auf denen die Kamera stumm verharren kann. Deren Charisma keine Dialogzeile brechen kann und sei sie noch so einfach. Es sind die Gesichter der Männer in den Filmen Olivier Marchal's . War es in seinem stilbewussten Debüt GANGSTERS das Antlitz Richard Anconina's (SIX PACK), in 36 Daniel Auteuil's und Gerard Depardieu's und in MR 73 wieder Auteuil's, so erzählen uns hier die Gesichter der Altstars des französischen Filmes, Gerard Lanvin (DIE SPEZIALISTEN) und Tcheky Karyo (DOBERMANN) Geschichten aus ihrer Vergangenheit. Einer Vergangenheit die an bessere Zeiten gemahnt. Zeiten in denen das Wort eines Mannes noch etwas zählte. Zeiten in denen der Begriff Freundschaft nicht zur inflationär verwendeten Floskel verkommen war. Zeiten in denen Freundschaft Bestand hatte. Bestand für das ganze Leben.
Der französische Kriminalfilm hat eine lange, große Tradition. Eine Tradition, die mit dem Ende der Siebziger Jahre, wie vieles andere auch, ihr Ende fand. Er versank in der Bedeutungslosigkeit. Die Kreativität und der lange Atem seiner bedeutendsden Filmemacher löste sich mit dem Ableben einiger seiner wichtigsten Vertreter in Luft auf. Mit den Achtzigern kamen das Kommerzkino und der schnöde Mammon und selbst die größten Stars, wie Delon und Belmondo, waren sich nicht zu fein ihre Erfolgsrollen aufzuwärmen und dem Spektakelkino zu verfallen. Dann kam lange nichts.
Gegen Ende der Neunziger Jahre kam jedoch so etwas wie Bewegung in das französische Genre-Kino. Dank neuer Wegbereiter wie Christophe Gans (CRYING FREEMANN) und Jan Kounen (DOBERMANN) begann sich so etwas wie ein zweiter Atem zu entwickeln. Ein zweiter Atem, der Regie-Talente wie Frederic Schoendoerffer (CRIME INSIDERS), Florent Siri (DAS TÖDLICHE WESPENNEST), Jean-Francois Richet (PUBLIC ENEMY) oder Nicolas Boukhrief (CASH TRUCK) hervorbrachte, die moderne und intelligente Filme machten, welche den Zeitgeist trafen und den Vorbildern, auch des amerikanischen Genre-Kinos huldigten, ohne aber ihre Tradition zu verraten. Diese jungen Filmemacher und einige andere bilden eine neue Generation welche jedwede Beachtung verdient. Sie alle haben längst bewiesen, das sie keine Eintagsfliegen sind. Ihre Filme sind hochprofessionell inszeniert, thematisieren französische Tabu-Themen und vernachlässigen dabei nicht den wichtigen Unterhaltungsaspekt. Im Jahr 2002 debütierte dann ein Mann, der eigentlich nicht so recht in diese Generation passen will, denn er ist viele Jahre älter. Olivier Marchal. Ex-Polizist, Gelegenheits-Schauspieler, Drehbuch-Autor. Mit seiner Polizei-Film-Trilogie GANGSTERS, 36 und MR 73, lotete er die Untiefen des Polizei-Apparates und seiner oft fragwürdigen Methoden aus. Aus erster Hand sozusagen. Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund, ging keine Kompromisse ein, hielt die Kamera dahin wo es weh tut. Seine oft schwermütigen Protagonisten hatten beileibe keine weißen Westen, handelten sie doch oft nicht weniger unmoralisch als die, welche sie zu bekämpfen hatten. Es sind Männer, die am System und an sich selbst zerbrachen. Männer, deren Kompromisslosigkeit eine logische Entwicklung ihres Werdeganges zu sein schien. Männer, denen nur ihre eigenen Werte-Begriffe von Ethik, Moral und Loyalität Halt geben konnten. Dabei ähneln Marchal's Helden der Nacht in seinen düsteren Elegien denen Jean-Pierre Melville's, der für sich genommen ebenfalls als Außenseiter seiner Zeit und Zunft gelten muss.
Mit LES LYONNAIS wechselt Marchal nun erstmals die Seiten. Frei erzählt nach den Erinnerungen des echten Edmond Vidal, genannt Momon, verlässt Marchal ebenfalls erstmals den Hexenkessel Paris und wechselt nach Lyon. Die teilweise in Rückblenden erzählte Geschichte schildert auf der Jetzt-Ebene den Kampf eines alten Gangsters, der sich längst mit dem System arrangiert hat und setzt in den immer aus Momon's Sicht gezeigten Flashbacks dagegen den Aufstieg des in einem Zigeuner-Lager groß gewordenen Vidal, dessen kriminelle Karriere mehr oder weniger auf einem Jungen-Streich und der darauf folgenden überharten Reaktion des Gerichts basiert. Eine klassische Mafia-Aufstiegs-Geschichte könnte man also sagen. Aber das ist es eben auch nicht. Denn Marchal zeigt uns eben nicht in ausholender Länge das Epos, das mit DER PATE, SCARFACE oder ES WAR EINMAL IN AMERIKA konkurrieren will. Das hätte er ohne weiteres gekonnt. Da wird mir jeder beipflichten der mit seinem Werk vertraut ist. Er hätte die Geschichte ohne weiteres auf drei Stunden ausbreiten können. Sie hätte es hergegeben. Doch nein. Marchal kopiert nicht, er gibt vor. In schlanken 100 Minuten schafft er einen Film von immenser Intensität, bei dem kein Bild zu viel gezeigt, kein Wort zu viel gesprochen ist. Er verlässt sich auf seine Gesichter und ihre Geschichten. Er geht dabei ruhig und konzentriert in die Figuren hinein und ehe man es sich versieht, ist man mitten drin in deren Leben. So bleibt man konzentriert bei der Sache und selbst kleine Nebenfiguren erreichen ein hohes emotionales Echo. Dabei wird keinerlei Schönfärberei betrieben. Die Action-Szenen gemahnen an Michael Mann oder Tony Scott, allerdings ohne deren Lautmalerei. Es wird gezeigt was gezeigt werden muss und Schluss. Marchal gesteht dem aufmerksamen Beobachter genügend eigene Intelligenz zu, sich das nicht gezeigte vorzustellen. Auslassungen mit System. Sein Darsteller-Ensemble ist gewohnt perfekt gewählt.
Gewidmet ist der Film dem vor einigen Jahren verstorbenen Bernard Giraudeau. Damit schließt sich ein Kreis. Denn Giraudeau war 1984 Lanvin's Film-Partner in bereits genanntem Achtziger-Jahre-Klassiker DIE SPEZIALISTEN von Patrice Leconte. Welch ein würdiger Film seinem Andenken. Man darf nun gespannt sein, womit uns Olivier Marchal als nächstes beglücken wird. Also Augen auf. Einziger Wermutstropfen. Keines seiner Werke hat es in Deutschland bisher auf die große Leinwand geschafft und alle wurden ausschließlich mit großer Verzögerung auf DVD veröffentlicht. Das ist eine Schande vor dem Herrn und sagt viel über das deutsche Kino aus, das nicht annähernd über derartig viele Talente verfügt wie Frankreich. Dabei würde einer schon genügen, der genug Chuzpe hat, seine Vorstellungen auch umzusetzen. Das dies auch mit kleinem Budget gelingen kann, haben Marchal, Kounen und Co. bereits vor Jahren vorgemacht.
Der französische Kriminalfilm hat eine lange, große Tradition. Eine Tradition, die mit dem Ende der Siebziger Jahre, wie vieles andere auch, ihr Ende fand. Er versank in der Bedeutungslosigkeit. Die Kreativität und der lange Atem seiner bedeutendsden Filmemacher löste sich mit dem Ableben einiger seiner wichtigsten Vertreter in Luft auf. Mit den Achtzigern kamen das Kommerzkino und der schnöde Mammon und selbst die größten Stars, wie Delon und Belmondo, waren sich nicht zu fein ihre Erfolgsrollen aufzuwärmen und dem Spektakelkino zu verfallen. Dann kam lange nichts.
Gegen Ende der Neunziger Jahre kam jedoch so etwas wie Bewegung in das französische Genre-Kino. Dank neuer Wegbereiter wie Christophe Gans (CRYING FREEMANN) und Jan Kounen (DOBERMANN) begann sich so etwas wie ein zweiter Atem zu entwickeln. Ein zweiter Atem, der Regie-Talente wie Frederic Schoendoerffer (CRIME INSIDERS), Florent Siri (DAS TÖDLICHE WESPENNEST), Jean-Francois Richet (PUBLIC ENEMY) oder Nicolas Boukhrief (CASH TRUCK) hervorbrachte, die moderne und intelligente Filme machten, welche den Zeitgeist trafen und den Vorbildern, auch des amerikanischen Genre-Kinos huldigten, ohne aber ihre Tradition zu verraten. Diese jungen Filmemacher und einige andere bilden eine neue Generation welche jedwede Beachtung verdient. Sie alle haben längst bewiesen, das sie keine Eintagsfliegen sind. Ihre Filme sind hochprofessionell inszeniert, thematisieren französische Tabu-Themen und vernachlässigen dabei nicht den wichtigen Unterhaltungsaspekt. Im Jahr 2002 debütierte dann ein Mann, der eigentlich nicht so recht in diese Generation passen will, denn er ist viele Jahre älter. Olivier Marchal. Ex-Polizist, Gelegenheits-Schauspieler, Drehbuch-Autor. Mit seiner Polizei-Film-Trilogie GANGSTERS, 36 und MR 73, lotete er die Untiefen des Polizei-Apparates und seiner oft fragwürdigen Methoden aus. Aus erster Hand sozusagen. Dabei nahm er kein Blatt vor den Mund, ging keine Kompromisse ein, hielt die Kamera dahin wo es weh tut. Seine oft schwermütigen Protagonisten hatten beileibe keine weißen Westen, handelten sie doch oft nicht weniger unmoralisch als die, welche sie zu bekämpfen hatten. Es sind Männer, die am System und an sich selbst zerbrachen. Männer, deren Kompromisslosigkeit eine logische Entwicklung ihres Werdeganges zu sein schien. Männer, denen nur ihre eigenen Werte-Begriffe von Ethik, Moral und Loyalität Halt geben konnten. Dabei ähneln Marchal's Helden der Nacht in seinen düsteren Elegien denen Jean-Pierre Melville's, der für sich genommen ebenfalls als Außenseiter seiner Zeit und Zunft gelten muss.
Mit LES LYONNAIS wechselt Marchal nun erstmals die Seiten. Frei erzählt nach den Erinnerungen des echten Edmond Vidal, genannt Momon, verlässt Marchal ebenfalls erstmals den Hexenkessel Paris und wechselt nach Lyon. Die teilweise in Rückblenden erzählte Geschichte schildert auf der Jetzt-Ebene den Kampf eines alten Gangsters, der sich längst mit dem System arrangiert hat und setzt in den immer aus Momon's Sicht gezeigten Flashbacks dagegen den Aufstieg des in einem Zigeuner-Lager groß gewordenen Vidal, dessen kriminelle Karriere mehr oder weniger auf einem Jungen-Streich und der darauf folgenden überharten Reaktion des Gerichts basiert. Eine klassische Mafia-Aufstiegs-Geschichte könnte man also sagen. Aber das ist es eben auch nicht. Denn Marchal zeigt uns eben nicht in ausholender Länge das Epos, das mit DER PATE, SCARFACE oder ES WAR EINMAL IN AMERIKA konkurrieren will. Das hätte er ohne weiteres gekonnt. Da wird mir jeder beipflichten der mit seinem Werk vertraut ist. Er hätte die Geschichte ohne weiteres auf drei Stunden ausbreiten können. Sie hätte es hergegeben. Doch nein. Marchal kopiert nicht, er gibt vor. In schlanken 100 Minuten schafft er einen Film von immenser Intensität, bei dem kein Bild zu viel gezeigt, kein Wort zu viel gesprochen ist. Er verlässt sich auf seine Gesichter und ihre Geschichten. Er geht dabei ruhig und konzentriert in die Figuren hinein und ehe man es sich versieht, ist man mitten drin in deren Leben. So bleibt man konzentriert bei der Sache und selbst kleine Nebenfiguren erreichen ein hohes emotionales Echo. Dabei wird keinerlei Schönfärberei betrieben. Die Action-Szenen gemahnen an Michael Mann oder Tony Scott, allerdings ohne deren Lautmalerei. Es wird gezeigt was gezeigt werden muss und Schluss. Marchal gesteht dem aufmerksamen Beobachter genügend eigene Intelligenz zu, sich das nicht gezeigte vorzustellen. Auslassungen mit System. Sein Darsteller-Ensemble ist gewohnt perfekt gewählt.
Gewidmet ist der Film dem vor einigen Jahren verstorbenen Bernard Giraudeau. Damit schließt sich ein Kreis. Denn Giraudeau war 1984 Lanvin's Film-Partner in bereits genanntem Achtziger-Jahre-Klassiker DIE SPEZIALISTEN von Patrice Leconte. Welch ein würdiger Film seinem Andenken. Man darf nun gespannt sein, womit uns Olivier Marchal als nächstes beglücken wird. Also Augen auf. Einziger Wermutstropfen. Keines seiner Werke hat es in Deutschland bisher auf die große Leinwand geschafft und alle wurden ausschließlich mit großer Verzögerung auf DVD veröffentlicht. Das ist eine Schande vor dem Herrn und sagt viel über das deutsche Kino aus, das nicht annähernd über derartig viele Talente verfügt wie Frankreich. Dabei würde einer schon genügen, der genug Chuzpe hat, seine Vorstellungen auch umzusetzen. Das dies auch mit kleinem Budget gelingen kann, haben Marchal, Kounen und Co. bereits vor Jahren vorgemacht.
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