Feature

Am Wendepunkt
Luna Ragheb (Autorin)
Natasa Konopitzky (Autorin)
Ilse Huber (Autorin)
Johanna Hirzberger (Autorin)
Isabelle Engels (Autorin)
Übersicht
Produktionsfirma | : | ORF |
Kurzbeschreibung
»Am Wendepunkt« ist ein Feature. Es ist zuerst erschienen im Jahr 2021. Geschrieben wurde es vonu.a. Luna Ragheb, Natasa Konopitzky und Ilse Huber. Sprecher sind Roman Eichinger, Eva Mayer.
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Besetzung
Autor | : | Isabelle Engels, Johanna Hirzberger, Ilse Huber, Natasa Konopitzky, Luna Ragheb | ||||
Komposition | : | Stefan Weber | ||||
Sprecher | : |
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Inhalt
Teil 1.a Von Isabelle Engels: Sängerin Ivana Cibulova ist in der Slowakei aufgewachsen und gehört der ethnischen Minderheit der Roma an. Sie beschreibt, wie sie beim ORF-Wettbewerb 'Die große Chance' eine mutige Entscheidung trifft. Ivana Cibulova ist in der Slowakei aufgewachsen und gehört der ethnischen Minderheit der Roma an. Sie hat eine Ausbildung zur Diplomkrankenpflegerin absolviert und im Krankenhaus gearbeitet. Schon als Kind singt sie, als Teenager träumt sie von der Bühne und als junge Frau wir sie in einer populären Band als Sängerin engagiert. Später startet sie unter dem Künstlernamen 'Ciwanna' ihre Solokarriere. Ein Schicksalsschlag unterbricht diesen Erfolgsweg. Ivana Cibulova zieht nach Österreich, um in einem Pflegeheim zu arbeiten. Das Singen gibt sie jedoch nie auf. 2014 bewirbt sich die damals 31jährige bei der Talente-Show des ORF 'Die Großen Chance' und schafft es bis ins Finale. Kurz davor passiert etwas, das sie mitten ins Herz trifft. Und sie beschließt, sich zu wehren. Auf ihre Weise. ---
Teil 1.b Von Ilse Huber: Vor 30 Jahren änderte sich für die Familie Fischer alles: Die Eltern zogen mit ihren vier Kindern aufs Land in einen Bauernhof und gründeten ein sozialtherapeutisches Projekt. Das taten sie wegen Arthur. Er war der jüngste der Familie, Autist, und liebte die Natur. 'Ich habe die Entscheidung getroffen - und bin dabei geblieben.' Der damals 19-jährige Arthur blühte auf, wenn er mit der Scheibtruhe fahren, das Gras mähen und sich mit den Tieren beschäftigten konnte. Also baute die Familie Fischer einen verfallenen Bauernhof zu einem biologisch-dynamischen Landwirtschaftsbetrieb um. Und zwar so, dass auch andere junge Menschen mit besonderen Bedürfnissen dort leben können. Mit dem Verein und über das Projekt Himmelschlüsselhof entstand eine sozialtherapeutische Arbeits- und Lebensgemeinschaft, in der heute zwölf Klienten samt Betreuerinnen und Therapeuten auf dem Anwesen leben und neben Land- und Forstwirtschaft auch eine Weberei, eine Tischlerei, eine Gärtnerei und eine Bäckerei betreiben. Abgerundet wird ihr Alltag durch Kunst und Bewegung in der Natur- mit und ohne Vierbeiner. In den vergangenen 30 Jahren ist mehr passiert als sich Mutter Margit Fischer je vorstellen konnte. Nach wie vor treibt sie ihr fester Wille an, das fortzusetzen, was sie einst begonnen hat. Die Kraft dieses Ortes prägt und trägt sie weiter. Hier ist sie zuhause- mitsamt den zu betreuenden Männern und Frauen, den Pferden, Kühen, Seidenhühnern, Zwergeseln und Alpakas. ---
Teil 2.a Von Johanna Hirzberger: Sihaam Abdillahi ist Österreichs erste Schwarze kopftuchtragende Landeschüler/innenvertreterin und bereitet sich auf eine Zukunft in der Politik vor, bis Reaktionen auf Social Media sie tief verunsichern. 7. September 2020. Wien steht am Anfang der Gemeinderatswahlen und die 17-jährige Sihaam Abdillahi steht am Anfang ihrer politischen Karriere. Sie hat es geschafft, sie ist Österreichs erste Schwarze, kopftuchtragende Landesschüler:innenverterterin. Damit hat sie den Grundstein für ihre Zukunft gelegt. Ihr Ziel: Österreichs erste Bundeskanzlerin zu werden. Anlässlich des Schulstarts und der wenig zufrieden stellenden Corona-Maßnahmen demonstriert sie gemeinsam mit Mitschüler:innen vor dem österreichischen Bildungsministerium in ihrer Funktion als Landesschüler:innensprecherin. Durch ihren Auftritt wird Sihaam über Nacht zur Zielscheibe rechter Politiker:innen, erhält Hassnachrichten, wird auf Twitter diffamiert und lernt den gelebten Rassismus von einer neuen, institutionalisierten Perspektive kennen. --- Teil
2.b Von Natasa Konopitzky: Im Alter von 16 Jahren wird die Skirennläuferin Nicola Werdenigg von Team-Kollegen vergewaltigt. Über 40 Jahre später geht sie an die Öffentlichkeit. 'Ich muss jetzt einen Paukenschlag machen, sonst hört das wieder niemand.' Als die ehemalige Skirennläuferin Nicola Werdenigg 2017 von einem Volleyballtrainer liest, der jahrelang junge Mädchen missbraucht hat, wird sie wütend. Sie beschließt zu handeln. Die Öffentlichkeit muss aufgerüttelt, eine Debatte über Missstände im österreichischen Sport losgetreten werden. Nicola Werdenigg will über Sexismus, Leistungsdruck, Einschüchterung, verbale und physische Gewalt und sexuelle Übergriffe durch Trainer, Heimerzieher und Funktionäre sprechen. Ihre eigenen Erlebnisse als junge Sportlerin möchte sie nicht thematisieren. Es soll um das System gehen, um Machtmissbrauch, um strukturelle Gewalt. Als sie beim Interview dem Journalisten gegenübersitzt, beschließt sie spontan doch 'alles auf den Tisch zu legen' - wie sie sagt. Sie erzählt von ihrer Vergewaltigung. In dem Moment ist ihr klar: 'Jetzt beginnt etwas, das nicht mehr zu stoppen ist'. Als sie am Tag der Veröffentlichung des Gesprächs in der Tageszeitung 'Der Standard' ihr Handy einschaltet, hat sie mehr als 200 Nachrichten erhalten. Was folgt, sind unzählige Interviews und ein riesiger Medienwirbel. Der österreichische Skiverband droht mit Klage, Sportlerkolleginnen bezichtigen sie der Lüge, Sportfans beschimpfen sie auf offener Straße. Aber es kommt auch viel Zuspruch von anderen Betroffenen. Die Staatsanwaltschaft beginnt zu ermitteln, Untersuchungskommissionen werden eingesetzt, Täter suspendiert und angeklagt. Ein Wendepunkt sowohl für den Sport in Österreich als auch für Nicola Werdenigg persönlich. ---
Teil 3.a Von Luna Ragheb: Serpil Temiz Unvar erzählt, wie sie seit dem Tod ihres Sohnes gegen Rassismus kämpft. Ferhat Unvar ist bei dem Anschlag in Haunau ums Leben gekommen. 'Ich kämpfe, damit ich weiterleben kann.' 'Tot sind wir erst, wenn man uns vergisst.' Diese Worte publizierte Ferhat Unvar 2015 auf seiner Facebookseite. Er starb am 19. Februar 2020 in Hanau bei einem rassistisch motivierten Anschlag mit acht weiteren Menschen. Seine Mutter Serpil Temiz Unvar hat sich die Parole zur Lebensaufgabe gemacht und in seinem Namen eine Bildungsinitiative gegründet, damit ihr Sohn stets in Erinnerung bleibt. Seither kämpfen an ihrer Seite viele junge Freund:innen von Ferhat. Gemeinsam junge Menschen stärken, gegen Rassismus sensibilisieren und Chancengleichheit im Bildungswesen fördern - das sind ihre Ziele für eine tolerante und demokratische Zukunft. Das Porträt einer Mutter, die in einer Nacht alles verloren hat. ---
Teil 3.b Von Johanna Hirzberger: Christian E. Weißgerber steht 2010 am Höhepunkt seiner Karriere als Rechtsextremer. Im selben Jahr steigt er aus. 'Ich wollte immer besser sein, als die anderen.' Im Wendejahr der DDR geboren, wächst Christian E. Weißgerber in der ostdeutschen Mittelstadt Eisenach auf. Geprägt vom Verlust der Mutter, häuslicher Gewalt, dem ostdeutschen Arbeitermilieu und dem Bedürfnis 'besser zu sein als die anderen' findet er in der Nazi-Szenen neue Perspektiven. Er gehört bald zur Führungsriege der 'Autonomen Nationalisten' in Thüringen. Mit Anfang Zwanzig produziert Weißgerber Propaganda-Videos für YouTube, verfasst Kampfschriften und bereitet sich körperlich auf den Endkampf vor. Besessen davon, die Welt nach seinen Vorstellungen zu verändern, beginnt am Höhepunkt seiner rechtsextremen Karriere seine Ideologie zu bröckeln.
Linktipp: »2021« als Erscheinungsjahr haben auch
- Wo der Wolf lauert (Milena Karas)
- Peter Schlemihls wundersame Geschichte (Achim Gertz)
- Der glückliche Tod (Heiner Schmidt)
- Die Rebellion (Christian Brückner)
- Die kleine Komödie (Christiane Hörbiger)