Religionskritik anno 2011
James Frey bringt mit Ben einen Messias, einen Antimessias auf das literarische Parkett, dessen Heilsbotschaft in einer dem Untergang geweihten Welt allein die Liebe im Hier und Jetzt beinhaltet. Wir haben es in der Hand, die Welt zu verändern mit der Liebe als Rettung und Sinn unseres Lebens. Religionen stiften Unheil, Paradies, Hölle sind Erfindungen, um zu kontrollieren, um Macht auszuüben. Es gibt nur dieses eine irdische Leben. Kampagnen gegen gleichgeschlechtliche Liebe und Abtreibungen sind nicht gottgewollt, sondern Auswüchse menschlichen Irrsinns. All das ist nun reichlich bekannt und konnte mich nicht wirklich bewegen, zumal ich keinen neuen Aspekt seiner Kritik erkannt habe. Die Kritik trifft wohl eher das US-amerikanische Lesepublikum. Sieht man davon ab, treten die geschilderten Schicksale in den Vordergrund, die ein buntes Panorama New Yorker Lebensverhältnisse jenseits der Schickeria bietet. Frey zeichnet sich wieder einmal als Meister flüssiger, moderner Prosa und stößt u.a. mit der Beschreibung der Unterweltmenschen in literarisch wenig bearbeitetes Terrain vor.