Irrfahrt eines Todgeweihten
Eine Geschichte voller Rätsel. So auch der Untertitel dieser 10-seitigen Novelle, die zu den ersten Erzählungen zählt, die Thomas Mann als Sechszehnjähriger zu Papier brachte. Wie nach etwas mühsamer Recherche im Netz in Erfahrung zu bringen ist, scheint man sich unter den Analysten nicht ganz einig zu sein, wie das Erlebnis des ziellos herumreisenden todkranken und von seinen Ärzten bereits aufgegebenen Albrecht van der Qualen, der in irgendeiner namenlosen Stadt den Zug verlässt und sich in ein Hotel einmietet, mit dem Kleiderschrank in seinem Hotelzimmer zu deuten ist. Realismus grenzt hier an das Fantastische. Der Zug Berlin – Rom, den der Protagonist besteigt, scheint einen Umweg über Thomas Manns Heimatstadt Lübeck genommen zu haben, denn aus dem Fenster des Abteils sieht er zwei Türme (Holstentor) sowie eine Brücke mit Statuen (Puppenbrücke). Möglicherweise hat der todgeweihte van der Qualen – auch der Name deutet auf seinen Zustand hin – schon Halluzinationen, die ihn aus der verhängten Kleiderschrankrückwand die mädchen- und engelhafte Gestalt heraustreten sehen lassen. Vielleicht, so meint man auch, habe er den Zug gar nicht verlassen, sondern sei während der Fahrt einem Fiebertraum erlegen. Einig zu sein unter den Kritikern scheint man sich darüber, dass der Autor sich die Anregung zu dieser Geschichte aus E.T.A. Hoffmanns kleiner Erzählung „Don Juan“ geholt habe.