Dialektik des Horrors
Die japanische Originalverfilmung des Horrorklassikers von Kōji Suzuki (1991) setzt bereits ab Sekunde 1 eine eindringliche und systematisch sich entfaltende Motivik, welche aufgrund ihres dialektischen Charakters die Koinzidenz von synthetischer und analytischer Dramatik auf Plotebene (an sich ein Clou!) nicht nur unterstreicht, sondern eigentlich erst erklärt. Dazu gehören unter anderem die zentralen Pole Wasser (Wellen) vs. Land (Materie), Intuition (Irrationalität) vs. Wissenschaft (Rationalität), Zeit (Potenzialität) vs. Fatum (Finalität) und Medialität vs. Perzeption. Besonders der Komplex Medialität ist breitgefächert und beschränkt sich nicht nur aufs Sensorische, sondern bedient über die Indikatoren Medium (Kassette), Medienwelt (Journalismus) und die partielle Entfesselung der Beobachter/Beobachtung-Opposition - am prominentesten ist hier natürlich das Ende, aber auch zuvor instrumentalisierte Symbole bzw. Symbolmechanismen (Auge/Person hinter Person/inverse Kameraeinstellungen) sind erwähnenswert - ein weites Feld an Meta-Implikationen, die ihrerseits wieder auf die Erzählwelt rekurrieren. Was Nakata in „Ringu“ somit gelingt, ist die Verbindung anspruchsvoller Cineastik mit konventionellen Spielfilmelementen – ein produktives Spannungsfeld, in dem das Horrorgenre an sich erst eigentlich zu voller Attraktivität gelangt.