Back to the Roots
Zwölf Jahre nach seinem letzten Kino-Abenteuer THE SUM OF ALL FEARS - DER ANSCHLAG (Phil Alden Robinson, 2002) erlebt der CIA-Theoretiker Jack Ryan nun seine Wiederauferstehung in diesem von Kenneth Branagh für ein moderates Budget inszenierten Reboot, der die Figur erstmals ohne eine Romanvorlage Tom Clancy's auf gefährliche Mission schickt. Neu-Trekkie Chris Pine tritt dabei in die Fußstapfen von Alec Baldwin, Harrison Ford und zuletzt Ben Affleck, wobei er in der ersten Filmhälfte am ehesten noch an den jungen Alec Baldwin erinnert, bevor er in der zweiten Hälfte zu seinem eigenen Rhythmus findet. Mit Keira Knightley als zukünftige Ehefrau an seiner Seite wird bereits der Bodensatz für weitere Geschichten gelegt, in denen das Paar, welchem bei Clancy grundlegende Bedeutung zukommt, aufeinander angewiesen sein wird. Für Kevin Costner in der Mentoren-Rolle, der alle Szenen in denen er auftritt mit seiner außergewöhnlichen Präsenz dominiert und der spätestens seit dem Golden Globe für seine Darbietung in der Western-Mini-Serie HATFIELDS AND MCCOYS (Kevin Reynolds, 2012) einen zweiten Karriere-Frühling erlebt, schließt sich mit diesem Film ein Kreis in zweifacher Hinsicht. Nicht nur war er bereits für die JAGD AUF ROTER OKTOBER (HUNT FOR RED OCTOBER, John McTiernan, 1990) als Jack Ryan gesetzt, entschied sich aber für das siebenfach oscarprämierte Meisterwerk und Herzensprojekt DANCES WITH WOLVES (DER MIT DEM WOLF TANZT, auch Regie, 1990), sondern auch er spielte in NO WAY OUT - ES GIBT KEIN ZURÜCK (Roger Donaldson, 1987) einen jungen aufstrebenden CIA-Mann in prekärer Lage. Kenneth Branagh orientiert sich im Gegensatz zu Phil Alden Robinson nicht am Regie-Stil seines Vorgängers Philip Noyce, der die Jack-Ryan-Abenteuer PATRIOT GAMES - DIE STUNDE DER PATRIOTEN (1992) und CLEAR AND PRESENT DANGER - DAS KARTELL (1994) nachhaltig prägte, sondern inszeniert JACK RYAN: SHADOW RECRUIT im modernen Look als High-Tech-Hochglanz-Thriller mit Handkamera und schnellen Schnitten und verleiht dem Film so einen eigenständigen Stil. Ein Stil der bisweilen an die letzten Missionen eines James Bond oder eines Ethan Hunt erinnert. Mit der kompakten Laufzeit von 105 Minuten ist der Film deutlich kürzer als seine Vorläufer ausgefallen und insgesamt auch politisch weniger komplex, was sich vor allem im letzten Drittel bemerkbar macht. Hier entgleiten dem sonst so versierten Regisseur etwas die Zügel, es gibt einige drehbuchbedingte Handlungs-Sprünge und ein Action-Finale, welches nicht so recht zum homogenen Rest des bis hierhin mehr auf Hochspannung Wert legenden Filmes passen möchte. Kenneth Branagh's Darstellung des russischen Machtmenschen Cherevin hingegen ist erwartungsgemäß über jeden Zweifel erhaben. In den frühen Neunziger Jahren wäre ein Film mit Kevin Costner und Kenneth Branagh in den Hauptrollen als Gipfeltreffen medienbeherrschend gewesen. So ändern sich die Zeiten. Alles in allem ist JACK RYAN: SHADOW RECRUIT ein gelungener Neustart mit Luft nach oben und in erster Linie für Fans der Stars sehenswert. Das Genre des Spionagefilms wird hier nicht neu erfunden.