Expansion um jeden Preis
Als die größte Niederlage eines Kolonialheeres sollte Isandhlwana in die Analen der Weltgeschichte eingehen. Nur mit Speeren bewaffnet überrannten die Zulu-Krieger eine moderne Armee, die aufgrund der grenzenlosen Selbstüberschätzung einiger Kommandeure nahezu komplett aufgerieben wurde. Da werden natürlich Erinnerungen an die Schlacht am Little Big Horn wenige Jahre früher wach, wo ein von blindem Ehrgeiz getriebener General George Armstrong Custer ähnlich scheitern durfte. Der letzte große Sieg der Indianer über die US-Armee. So ähnlich verhielt es sich auch bei den Zulu. Aus der gewonnenen Schlacht konnten sie, wie die Indianer, keinen nachhaltigen Nutzen ziehen, wurden später umso rücksichtsloser bekämpft und schließlich besiegt. Ein Zeichen setzen konnte sie aber allemal.
Douglas Hickox Film ZULU DAWN, der in Großbritannien pünktlich zum hundertsten Jahrestag der Schlacht in die Kinos kam, war allerding kein großer Erfolg beschieden. Trotz Star-Besetzung um Peter O'Toole und Burt Lancaster, es kämpfen und sterben unter anderem noch Bob Hoskins und Simon Ward, konnte das Werk die breite Masse nicht überzeugen. Vielleicht liegt es an der trockenen Darstellung einer Chronik der Ereignisse, die keinerlei Identifikationsmöglichkeiten mit den handelnden Personen zulässt. Niemand steht im Mittelpunkt, es gibt keinen übergeordneten Spannungsbogen und schon gar kein Pathos, bis auf einen kleinen Moment der Ehrenrettung. Cy Endfield's Vorgängerfilm ZULU (1964) war da noch deutlich stärker der Heldenverehrung anheim gefallen. Das Thema schien ihn allerdings nicht loszulassen. Während er in ZULU die Ereignisse kurz nach der Schlacht bei Isandhlwana in Rorke’s Drift Revue passieren ließ und damit ganz nebenbei Michael Caine zum Star machte, schrieb er ZULU DAWN erstmal in Romanform nieder, bevor er sich für eine Verfilmung einsetzte. Die trifft dann auch eher den Ton kritischer Darstellungen militärischen Versagens, wie in THE CHARGE OF THE LIGHT BRIGADE von Tony Richardson (1968), welches der Arroganz und Eitelkeit von zumeist adligen Befehlshabern zulasten geht. Andererseits kommt man so der Realität vermutlich am nächsten.
Filmisch betrachtet ist natürlich alles aus einem Guß, historisch akkurat, erstklassig gespielt. Vor allem der leider kürzlich verstorbene Peter O'Toole bietet mit seinem bornierten Lord Chelmsford einen eindrucksvollen Gegenentwurf zum idealistischen Lawrence von Arabien. Burt Lancaster kommt rollenbedingt etwas kurz, füllt erwartungsgemäß seine Szenen mit der ihm eigenen Präsenz. Sonst gehört die Bühne eindeutig den britischen Schauspielern, die das Ensemblestück mit ihrer ganzen Klasse adeln. Am nachhaltigsten wirken die von Elmer Bernsteins Soundtrack untermalten Bilder von Kameramann Ousama Rawi. An Originalschauplätzen gedreht, entfalten die Aufnahmen eine ungeheure Wucht ob der scheinbar grenzenlosen Weite des afrikanischen Kontinents. Spätestens wenn mehrere tausend Zulu-Krieger über die Ebenen schwärmen, kommt man aus dem staunen nicht mehr heraus und ist schier überwältigt von dieser archaischen Kraft, die gleichzeitig viel Schönheit in sich birgt.