The Big Easy
Walter Hill hatte sie alle. Und eigentlich wäre er der perfekte Regisseur für die All-Star-Actionsause THE EXPENDABLES gewesen. Der Wegbereiter und spätere Meister des modernen Action-Kinos arbeitete in seiner nun beinahe Vierzig Jahre andauernden Regie-Karriere mit allen Ikonen des Genres zusammen. Mit Arnold Schwarzenegger drehte er RED HEAT (1988), mit Bruce Willis LAST MAN STANDING (1996), dazu kommen Arbeiten mit Nick Nolte (NUR 48 STUNDEN, 1982) und Mickey Rourke (JOHNNY HANDSOME, 1989). Nur einer fehlte noch auf seiner Liste: Sylvester Stallone. Mit ihm entstand unmittelbar nach dessen Erfolg mit THE EXPENDABLES (2010), der mit Ausnahme von Nick Nolte alle genannten Darsteller vereint, in New Orleans der Old-School-Killer-Thriller BULLET TO THE HEAD, in der "deutschen" Übersetzung SHOOTOUT. Ganz sicher scheinen sich die Macher mit der Veröffentlichung des Filmes nicht gewesen zu sein, lag er doch beinahe zwei Jahre auf Halde bevor man sich im Comeback-Frühjahr 2013 zu einer Kino-Auswertung entschloss. So startete das Werk beinahe zeitgleich mit Schwarzenegger's LAST STAND und Willis' STIRB LANGSAM 5, flankiert von Mel Gibson's GET THE GRINGO. Man könnte auch sagen ACHT FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJAH, war dieser Jahresbeginn für Filmbegeisterte Kinder der Achtziger ein nicht mehr zu erwartendes Fest. Konnte Schwarzeneggers Beitrag überzeugen, scheiterte Willis fast auf ganzer Linie, liegt der Stallone-Film irgendwo dazwischen.
BULLET TO THE HEAD startet zunächst angenehm ruhig, führt per Off-Kommentar Stallone's Figur klassisch ein und stellt so von Beginn an klar, auf wen der Film zugeschnitten ist. Denkt man dabei zuerst an einen älter gewordenen Robert Rath (einer Killer-Figur aus Stallone's 90er-Jahre-Hit ASSASSINS von Richard Donner), wird man bald eines besseren belehrt. Jimmy Bobo ist kein intellektueller Auftragsmörder sondern eher ein pragmatischer Handwerker, und so seinem Regisseur Hill nicht ganz unähnlich. Der ist natürlich auch ein altgedienter Profi dessen Stil man sofort erkennt, der schnell seinen Rhythmus findet, effizient und mit Bedacht inszeniert, allen überflüssigen Ballast über Bord wirft und noch einmal zeigt, was ihn damals auszeichnete und zurecht beliebt werden ließ. Allerdings kann der auf einer Comic-Vorlage basierende Film seine Herkunft nicht ganz verleugnen. Zu gering sind die Charaktere ausgeleuchtet, zu schlicht entwickelt sich die Storyline und gibt in ihrer Einfachheit zu wenig Konfliktpotenzial her. Alles läuft in gewohnten Bahnen. Was nicht schlecht sein muss und auch nicht ist. Hält man seine Erwartungen nicht zu hoch, kann man sich an altbekanntem gepaart mit solidem Handwerk erfreuen, welches für Kenner auf den zweiten Blick einige inszenatorische Leckerbissen bereithält, die zur Freude des geneigten Walter-Hill-Verehrers breit im Film gestreut sind. Der Regisseur erlaubt sich nämlich einige selbstreferenzielle Späßchen, die einem Altmeister wie ihm gerne gestattet seien.
Da wäre einmal die Figurenkonstellation mit Jimmy Bobo und Taylor Kwon, die trotz Zuschnitt auf den Altstar an ein klassisches Buddy-Movie denken lässt, dessen Erfindung filmhistorisch gesehen Walter Hill (NUR 48 STUNDEN) zugeschrieben wird, der sein Konzept der ungleichen Partnerschaften im gemeinsamen Kampf gegen das Böse mit RED HEAT kultivierte und nun, indem er einen Killer und einen Cop zusammen arbeiten lässt, auf die Spitze treibt, auch wenn das wie erwähnt vorhandene Konfliktpotenzial nicht annähernd ausgeschöpft wird. Des weiteren inszeniert Hill viele Szenen als direkte Reminiszenz an jene aus seinen Klassikern, zum Beispiel einige Kneipen-Szenen, einige direkte Konfrontationen, wie den Kampf in der Sauna (RED HEAT), er lässt den Showdown in einer ausgedienten Fabrikhalle spielen, ein Ort an dem er mal einen gesamten Film, nämlich sein Remake von DER SCHATZ DER SIERRA MADRE (John Huston, 1946), TRESPASS (1992) spielen ließ. Die Untermalung erinnert an die grandiosen Soundtrack-Arbeiten von Hill's Hauskomponisten Ry Cooder, ohne allerdings deren Qualität zu erreichen. Die Kamera ist, wie bei Hill üblich, immer ganz nah dran an den Personen, sorgt für direkte Beteiligung und geht nur selten in die Distanz, was sich vor allem während der Schusswechsel und in den In-Fights sehr positiv bemerkbar macht. Die Gewalt ist nicht übermässig brutal inszeniert, will sagen, normale Härte, kurz, knackig und direkt. Eine Aussage, die sich auf den gesamten Film anwenden lässt, der mit knapp 83 Minuten Netto-Laufzeit wohltuend kompakt daherkommt. Einen Satz noch zur restlichen Besetzung. Christian Slaters Rolle fällt nicht weiter ins Gewicht, Adewale Akinnuoye-Agbaje bleibt als böser Strippenzieher hinter seinen Möglichkeiten, positiv sind die Auftritte von Brian Van Holt und Neu-CONAN Jason Momoa zu vermerken, wobei gerade letztgenannter aus seinen Szenen maximales herausholt.
Schlussendlich ist BULLET TO THE HEAD kein Pflichtprogramm für Action-Fans, die dürften eher enttäuscht sein, jedoch einen Blick wert und kann gerade bei Kindern der Siebziger und Achtziger Jahre, die mit dieser Art Film aufgewachsen sind punkten, wobei der Nostalgie-Faktor eine nicht zu unterschätzende Rolle einnehmen dürfte.