Der Boxer und die Lady
Mittlerweile wird das Merkmal, nach einer wahren Geschichte zu erzählen, sehr häufig bemüht. Wie wir alle wissen schreibt die besten Geschichten das Leben selbst. Wichtiger wäre vielleicht zu sagen, nach einer guten Geschichte. Das wäre hier der Fall. Lange suchten die Eheleute Helen Mirren (Excalibur, John Boorman 1981) und Taylor Hackford (RAY, 2004), beide Oscar-Preisträger, nach einem passenden Stoff für eine Zusammenarbeit, der mit der auf einem Zeitungs-Artikel basierenden Geschichte gefunden wurde. Zudem konnte Oscar-Gewinner Joe Pesci (GoodFellas, Martin Scorsese 1990) für diesen Film zu einem Comeback überredet werden, mit seiner ersten Hauptrolle seit 13 Jahren. Für die wichtige Rolle des argentinischen Boxers wurde in dem spanischen Schauspieler Sergio Peris-Mancheta (AGENTS SECRETS, Frédéric Schoendoerffer 2004) ein überaus talentierter und charismatischer Darsteller gefunden, dem es mühelos gelingt seiner Figur Leben und vor allem Tiefgang verleihen. In den Nebenrollen tummeln sich einige alte Bekannte des amerikanischen Genre-Kinos wie Gina Gershon, M.C. Gainey, Bai Ling und Bryan Cranston, wobei letztgenannter eher einen Kurzauftritt absolviert. Das Setting ist stimmig, der Soundtrack zeitgemäß, die Bilder oft überwältigend.
Einzig das Genre lässt sich nicht genau zuordnen, so hat der weniger offene Zuschauer lange Zeit keine Ahnung womit er es hier zu tun hat. Ein Drama? Ja. Eine Gangstergeschichte? Auch. Eine Romanze? Irgendwie schon. Jedoch nichts davon bildet den Schwerpunkt des Filmes. Für mich war es ein klassischer Film Noir der Neuzeit, einer der zufällig in den Siebzigern spielt. Es ist alles vorhanden. Die, zugegeben, nicht mehr ganz junge Femme Fatale. Ihr Mann, der Gangster oder zumindest der mächtige Mann im Hintergrund, der nicht besonders legalen Geschäften nachgeht. Und der Boxer, der eher zufällig, wenn auch nicht ganz unbedarft, zwischen die beiden schlittert und dabei eine Tragödie ins rollen bringt, die in Mord und Totschlag endet. Allesamt sind sie Verlierer, Fallen Angels. Keine der verlorenen Seelen wird je wieder auf die Füße kommen. Das ist von Anfang an klar. Alle handeln so wie sie handeln müssen, niemand hat eine Wahl, keiner kann aus seiner Haut. Der leicht verspielte Tonfall des Filmes täuscht über den Inhalt hinweg, handelt die Geschichte schließlich von Menschen, die im leichten Gewerbe ihr Leben bestreiten. Somit ist der Film angemessen und auf den Punkt inszeniert, gaukelt uns die Welt des Glücksspiels und der leichten Unterhaltung doch ebenfalls nur oberflächliche Zerstreuung und weniger das tief darunter liegende Dilemma jedes einzelnen vor. Taylor Hackford weiß mal wieder genau was er tut. Eines nur verlor er aus dem Auge. Da war er sozusagen betriebsblind. Während die offene Ehe zwischen Helen Mirren und Joe Pesci formidabel funktioniert und sich einige echt starke Szenen zwischen ihnen abspielen bei denen man die ganze Klasse dieser beiden Schauspiel-Veteranen zu spüren bekommt, stimmt die Chemie zwischen der alternden, besser gealterten, Puff-Mutter leider nicht wirklich. Was schade ist. Dennoch ein sehenswerter Streifen mit tollem Personal unter versierter Regie.