Dunkle Wahrheiten
Erst im Jahre 2005 wurde bekannt, das Italien's Führer ein wohl gehütetes Geheimis hatte. Die herzzerreißende Geschichte der Ida Dalser liefert die Grundlage für diesen in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Film. Marco Bellocchio lässt den Film auf verschiedenen Zeitebenen starten und schneidet immer wieder Wochenschau-Aufnahmen dazwischen, welche die historischen Ereignisse dokumentieren, ohne dem Werk dabei jedoch den Charakter eines Doku-Dramas zu geben. Zu elegant und kunstvoll, zu versiert und schwungvoll fügen sich die Aufnahmen in die Geschichte. Opernhaft orchestriert und mitreißend komponiert bekommt der Zuschauer durch das Zusammenwirken von Bild und Soundtrack eine wuchtige Lehrstunde in Kinematographie, die ein Ausrufezeichen für das zeitgenössische italienische Kino setzt, das in unseren Breitengraden dazu verdammt ist, ein Schattendasein zu fristen. Mit einfachsten Mitteln erreicht der Regisseur maximale Ergebnisse. Unterstützt wird er dabei von einem, bis in die kleinste Nebenrolle hervorragend besetzten Schauspieler-Ensemble.
In der Hauptrolle der Ida Dalser ist eine fulminant aufspielende Giovanna Mezzogiorno (Die Liebe in den Zeiten der Cholera, Mike Newell 2007) zu sehen, der das seltene Kunststück gelingt einerseits die dem charismatischen Politiker völlig verfallene Liebende, wie auch die später gepeinigte und verleumdete Patientin einer Irren-Anstalt zu porträtieren, ohne dabei je ihre Anmut und Würde zu verlieren. So sehen starke Frauen aus. Als Benito Mussolini und auch später als dessen Sohn Benito Albino sehen wir Filippo Timi (Engel des Bösen, Michele Placido 2010), der den Duce nicht als Monster sondern als getriebenen Mann darstellt, dem jedes Mittel recht ist um seine Ziele zu erreichen. Altmeister Marco Bellocchio beweist eindrucksvoll, das mit dem italienischen Kino durchaus noch zu rechnen ist. Auch wenn man davon in Deutschland nicht viel mitbekommt.