Herders These vom Ursprung der Sprache
Herder reichte die Schrift 1770 bei der Akademie der Wissenschaften ein. Die Preisfrage, die von der "Kurfürstlich Brandeburgischen Societät der Wissenschaften" gestellt wurde, sollte den Streit schlichten, der zwischen zwei Mitgliedern der Akademie, Johann Peter Süßmilch und Maupertuis, über den menschlichen bzw. göttlichen Ursprung der Sprache entstanden war. Süßmilch war davon ausgegangen, dass die Grammatik der Sprache ein so hohes Maß an logischer Vollkommenheit besitze, dass der Mensch in seiner Unvollkommenheit diese nicht hervorgebracht haben könne. Folglich sei die Sprache dem Menschen von Gott selbst zur Erweckung und Ausbildung seiner Vernunft gegeben worden.
Die Vertreter des philosophischen Sensualismus vertraten die Auffassung, dass die Sprache tierischen Ursprungs sei.

Herders Schrift steht eher in der Tradition des Rationalismus. Sie enthält Herders Zusammenfassung jahrelang geführter sprachphilosophischer Studien, sowie anthropologische und erkenntnistheoretische Aussagen.
Seine gesamte Schrift ist darauf ausgelegt, sowie Süßmilchs These von einem göttlichen, als auch Condillacs Behauptung von einem tierischen Ursprung der Sprache zu widerlegen und zugleich seine Ansicht zu untermauern, dass der Mensch sich die Sprache selbst geschaffen habe.

Interessant ist vor allem die Darstellungsweise Herders: Ein Gedanke wird stufenweise entwickelt. Diese Entwicklung wird dem Leser derart veranschaulicht, indem zunächst eingenommene Positionen überwunden und auf nächsthöherer Stufe revidiert und transformiert werden müssen.