Film




Übersicht


Filmtyp : Spielfilm
Originalsprache : Englisch
Produktionsland : USA
Literaturvorlage : The Chase
Länge (Minuten) : 2 Stunden 9 Minuten
Thema : Selbstjustiz, Gefängnisausbruch
Figur : Flüchtling
Ort : Texas, Kleinstadt

Kurzbeschreibung


»Ein Mann wird gejagt« ist ein Filmdrama von Arthur Penn. 1966 ist der Film zuerst erschienen. In den Hauptrollen spielen u.a. Richard Bradford, Robert Duvall und James Fox.

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Besetzung


Regie : Arthur Penn
Produktion : Sam Spiegel
Drehbuch : Lillian Hellman
Kamera : Joseph LaShelle
Schnitt : Gene Milford
Filmmusik : John Barry
Darsteller :
Marlon Brando Sheriff Calder
Jane Fonda Anna Reeves
Robert Redford Charlie Reeves
E. G. Marshall Val Rogers
Angie Dickinson Ruby Calder
Janice Rule Emily Stewart
Miriam Hopkins Mrs. Reeves
Martha Hyer Mary Fuller
Richard Bradford Damon Fuller
Robert Duvall Edwin Stewart
James Fox Jason Rogers
Diana Hyland Elizabeth Rogers
Henry Hull Briggs
Jocelyn Brando Mrs. Briggs
Katherine Walsh Verna Dee


Literaturvorlage


The Chase
The Chase
(Horton Foote)





The New Frontier
Charlie 'Bubber' Reeves (Robert Redford) ist ein wilder Junge. Der Stadtrebell wenn man so will. Sein Aufbegehren hat ihm nicht den besten Ruf ein, ihn früh mit dem Gesetz in Konflikt gebracht. Jetzt sitzt er seit zwei Jahren im Gefängnis. Als er gemeinsam mit einem Schwerkriminellen flieht, sieht es zunächst nach reibungslosem Ablauf aus. Bis sie an einen Bürger geraten, der einem vermeintlich Verunglückten helfen will und seine Selbstlosigkeit mit dem Leben bezahlen muss. Bubber ist fassungslos, sein Kompagnon lässt ihn zurück. Zu Fuß streift Bubber nun durch die Wildnis, immer auf der Suche nach Nahrung. Er will sich zunächst nach Mexiko absetzen, kommt aber seiner Heimatstadt Tarl immer näher. Er muss im Verborgenen bleiben. Eine großangelegte Suche nach ihm läuft bereits. Das Fernsehen zeigt sein Konterfei, als Mörder gebrandmarkt zeigt die Öffentlichkeit kein Erbarmen, verurteilt hat sie ihn bereits.

Derweil geht in Tarl die Nachricht von Bubbers Flucht um und bringt das kleinstädtische Gefüge gehörig aus dem Gleichgewicht. Denn manch einer fürchtet Bubber's Rückkehr. Wie der kleine Bankangestellte Edwin Stewart (Robert Duvall), der zusehends von seiner Angst übermannt wird und kaum noch in der Lage ist, seine untreue Ehefrau Emily (Janice Rule) zu bändigen, die sich schon lange keine Mühe mehr gibt die Affäre mit Edwin's Kollegen Damon Fuller (Richard Bradford) zu verheimlichen. Es ist der Tag an dem Bank-Direktor Val Rogers (E. G. Marshall), der uneingeschränkte Herrscher über Tarl, Geburtstag feiert und am Abend einen großen Empfang gibt. Auch er ist indirekt von Bubber's Flucht betroffen. Sein Sohn Jason (James Fox) pflegt eine leidenschaftliche Liebesbeziehung zu Bubber's Ehefrau Anna Reeves (Jane Fonda).

Der Einzige der dem Eintreffen des Flüchtigen zunächst ziemlich gelassen entgegen sieht, ist Sheriff Calder (Marlon Brando), ein Mann der sich, obgleich im Amt von Rogers' Gnaden, seine Integrität bewahren konnte, der seinen Job macht nach bestem Wissen und Gewissen und sich ausschließlich seiner Frau Ruby (Angie Dickinson) verpflichtet fühlt. Das er in Rogers' Schuld steht, ist für ihn kein Dilemma. Denn wenn man es genau nimmt, steht jeder in Tarl irgendwie in Roger's Schuld. An jenem Abend jedoch werden Ereignisse in Gang gesetzt, die Calder's Bild dieser Stadt und seiner Bürger nachhaltig verändern. Ereignisse welche sich während einer Nacht gleich einer Kettenreaktion entwickeln und an deren Ende nur noch Chaos, Tod und Zerstörung stehen.




Die Unschuldigen mit den schmutzigen Händen
Ein Jahr bevor Jane Fonda und Robert Redford für Gene Saks BARFUSS IM PARK spazieren gingen, durften sie unter der Regie von Arthur Penn als ein weitaus weniger glückliches Ehepaar gesellschaftlichen Schranken trotzen. Beide unterliegen dem strengen Gefüge der vorgegebenen Verhaltensweisen, beide setzen für ein selbstbestimmtes Leben ihren Ruf auf's Spiel, beide kämpfen gegen Grenzen, die ihnen durch ihr Umfeld immer wieder aufgezeigt werden. Ihr durch die Beziehung zum Sohn des reichsten Mannes der Stadt, ihm als Rebell, der sich nie um irgendwelche Vorgaben geschert hat, dessen Weg praktisch vorgezeichnet war. Das gleiche gilt für Marlon Brando und Angie Dickinson. Auch Sheriff Calder ist ein moderner Grenzgänger, einer der seinen moralischen Werten folgt und nicht denen derer, die ihn installiert haben. Er ist ein Pragmatiker, dem seine persönlichen Ziele wichtiger sind als politische Interessen, einer der sich nur auf seine Frau verlassen kann und sie sich auf ihn. Er ist ein New Frontier, ein Grenzgänger, einer der bereit ist weiter zu gehen als jeder andere vor ihm.

Auf der anderen Seite gibt es die ganz normalen Bürger der Stadt, in deren Normalität sich manche Abgründe finden lassen. Seien es Untreue, Lüge oder Gier, hier hat niemand eine weiße Weste. Die gegenseitige Verachtung ist in dieser Kleinstadt ebenso präsent, wie der alltägliche Rassismus, der Sexismus und die unbedingte Gewaltbereitschaft gegen alles und jeden, die sogar zur Lynchjustiz führt. Hier ist der nette ältere Herr von nebenan nicht nur der gierige Gläubiger vieler Anwohner, sondern gleichzeitig der schlimmste Aufwiegler und Denunziant. Die ach so braven Bankangestellten sind entweder Feiglinge oder trunkene Rassisten, die beliebig Jagd auf jeden machen, der ihnen in dieser Nacht, ob schwarz oder weiß, über den Weg läuft. In ihrem prahlerischen Selbstverständnis sind sie zu jeder Zeit bereit über Leichen zu gehen. Dann ist da noch die Sippe Val Rogers', der sich volksnah gibt, wohlwissend jeden in der Hand zu haben und bereit diese Karte auch aus zu spielen wenn es nötig erscheint. Nur seinen Sohn kann er nicht halten, den einzigen Menschen den er liebt und braucht. Der Sohn, der sein Leben als Chose spielt um den familiären Schein zu wahren und innerlich in Wahrheit völlig zerrissen ist.

Ja, es passiert unheimlich viel in diesem Film. Es gibt unzählige Charaktere und ihre Geschichten. Dabei fällt es nicht leicht den Überblick zu bewahren, der konservative Inszenierungs-Stil hilft einem aber dabei. Das erstklassige Schauspieler-Ensemble vereint das alte wie das neue Hollywood und bietet so ein perfektes Abbild der amerikanischen Gesellschaft, die 1966 kurz vor einem Umbruch stand, der sich hier als Tragödie abzeichnet. Der deutsche Titel wird dem Film natürlich nicht gerecht, suggeriert er doch einen eher spannungsorientierten Neo-Western, was THE CHASE zwar irgendwie auch ist, jedoch nicht vordergründig. Vielmehr steht der Kleinstadt-Kosmos als Parabel auf Amerika im Fokus, das zwischen dem europäischen Faschismus und der McCarthy-Ära größte Schwierigkeiten hatte, seinen Kurs zu finden. Eine ähnliche Thematik findet man im verwandten THE OX-BOW INCIDENT von William A. Wellman aus dem Jahr 1943, der die Geschichte tatsächlich als Western erzählt. Leider waren zur Entstehungszeit nicht alle Beteiligten zufrieden mit THE CHASE, musste Arthur Penn den Endschnitt an Sam Spiegel abgeben, der viele Szenen am Schneidetisch entfernte. Dann spielte der Film nicht sonderlich viel Geld ein, was an der falschen Vermarktung gelegen haben mag. Wenn man sich den Film heute in Ruhe zu Gemüte führt, sieht man ein hochklassiges, intelligentes und mutiges Gesellschaftsdrama mit Star-Besetzung, das keine Kompromisse macht, von einem Regisseur der auch ein New Frontier ist, der danach die Filmgeschichte nachhaltig verändern sollte indem er mit BONNIE AND CLYDE den Startschuss zum New Hollywood setzte. Vielleicht ist auch THE CHASE schon ein Meisterwerk, aber ein heimliches.



Kurzkritiken


     
Packendes Gesellschaftsdrama über Misstrauen, Intoleranz und Rassenhass am Beispiel einer texanischen Kleinstadt. Sensationell gespielt.



Linktipp: »Gefängnisausbruch« als Thema haben auch