Freunde von Thomas Bernhard können sich freuen. Mit der "Murau Identität" von Alexander Schimmelbusch ist der Ausnahmeschriftsteller aus dem Reich der Toten auferstanden. Doch Vorsicht, wer einen weiteren Bernhardroman lesen möchte, wird enttäuscht sein. Schimmelbusch verzichtet auf den repitiven Stil von Bernhard, steigert sich nur gelegentlich zu Großsätzen, die eher verspielt als manisch sind. Auch thematisch greift er nicht das auf, woran sich Bernhard immer und immer wieder abgearbeitet hat (Österreich-, Katholizismus-, Nationalsozialismuskritik). Der Roman benutzt das Enfant terrible der österreichischen Literaturszene vor allem als Figur, lässt ihn in zumeist indirekter und geringfüg direkter Rede zur Sprache kommen, hat aber eine völlig eigenständige, für Bernhard völlig untypische Handlung. Im Versuch einer Einordnung lässt er sich am ehesten als intellektueller Roadtrip-Roman verstehen, ähnlich Faserland von Christian Kracht oder Paradiso von Thomas Klupp. Als solcher ist er durchaus gelungen, weil er passagenweise richtig witzig bis hin zu abgedreht ist (Passkontrolle in der USA), zudem intellektuell erfrischend und anregend (Handkes Serbienrechtfertigung). Wohltuend ist auch seine Beschränkung auf 200 großzügig gedruckte Seiten. Ein voluminöserer Roman hätte mehr erzähleirsche Substanz gefordert. Kritisieren lässt sich manche Lücke im Roman. So bleibt beispielsweise völlig unklar, warum der Protagonist die Manuskriptseiten zugeschickt bekommt. Auch die Fellatioquote war ein wenig hoch.
Ohne Kenntnis von Bernhard, Unseld und den deutschen Kulturbetrieb wird der Leser wahrscheinlich weit weniger Vergnügen an dem Text haben.