Literarisches Werk


Wortspielhalle

Wortspielhalle

-in Cooperation mit Sophie Reyer und Peter Meilchen-

A. J. Weigoni

 



Übersicht


Originalsprache : Deutsch
Umfang : ca. 64 Seiten

Kurzbeschreibung


»Wortspielhalle« ist ein Hörspiel (Literatur) von A. J. Weigoni. 2014 wurde das literarische Werk zuerst veröffentlicht.

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Wortspielhalle, eine Sprechpartitur
Die mit dem lime_lab ausgezeichnete Sprechpartitur von Sophie Reyer und A.J. Weigoni bietet die Möglichkeit, sich Kodierungen der Nachrichten- und Informationskanäle, der Bild-, Ton- und Filmarchive in intensiver Textausdeutung zu erschliessen. Ihre Twitteratur ist von Tempo- und Harmoniewechseln durchzogen, daß beim Lesen keine Langeweile aufkommt. Es ist eine vitale Form der Literatur, die der Sprache auf die Finger schaut, sie zugleich ihrem eigenen Gefälle überläßt und damit entfesselt.




Zikadenzirpen trifft auf technoides Gezwitscher
In der Wortspielhalle existieren keine Verhaltenslehren der Kälte. Hier gibt es zwischen den Zeilen eine literarische Metaebenenlust, die sich durch eine Geistesverwandtschaft auf den ersten Klick kongenial ergänzt. Die Verwandlungskünstlerin Sophie Reyer textet mit dem Sprechsteller A.J. Weigoni. Man meint zwischen ihren Zeilen hören zu können, wieviel Spaß die Schriftsteller dabei hatten, dieses Projekt per elektronischem Brief zu erarbeiten. Und dieser Spaß geht nicht etwa auf Kosten der Leser, sondern transportiert sich mit ihrer Hilfe. Ein charmanter Unterhaltungswert poetischer Art.

In einer Welt, die von Globalisierung, Quotenabhängigkeit und Fusionen bestimmt wird, droht eine Nivellierung des Individuellen. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts bildet die Poesie als literarische Ausdrucksform einen Gegenpol zur mentalen Versteppung und vermittelt geistige Orientierung. Die lyrische Kompression von Reyer und Weigoni zur Twitteratur bietet die Möglichkeit, sich die Kodierungen der Nachrichten– und Informationskanäle, der Bild–, Ton– und Filmarchive in intensiver Textausdeutung zu erschliessen. Dies Schriftsteller passen den vorherrschenden Literaturbegriff einer veränderten Wirklichkeit an. Die Wortspielhalle ist ein atmender Beiweis für die Grenzen von Authentizität, Utopie, Originalität und Copy/Paste. Das merkt man diesem Projekt an, das mit abendländischen Vorstellungen von Literatur spielt, ebenso wie diese Texte einer Hyperkultur unterworfen sind. Mit dem bürgerlichen Fundament ist dem Literaturbetrieb die Übersicht über die darzustellende Wirklichkeit abhanden gekommen. Diese LiteraturClips sind verschachtelt, von Tempo– und Harmoniewechseln durchzogen, daß beim Lesen keine Langeweile aufkommt.Man meint zwischen den Zeilen spektakuläre Dynamiksprünge, plötzliche Schnitte und abrupte Atmosphärenwechsel, wie sie die Musique concrète häufig prägen, zu hören. Es ist eine vitale Form der Sprache. Wo sonst kann das ABC freier sprechen?

Quasi aus einem Doppelgedächtnis rufen Sophie Reyer und A.J. Weigoni ein k.u.k. in Erinnerung, daß sie als ‚Kunst und Klang’ sinnfällig durchbuchstabieren. Ihre Wortspielhalle ist ein Platz für eine Twitteratur außerhalb normierter Sprachregularien, ein Oszillieren zwischen Eigenart und Eigensinn, das Zusammenspiel von Geräuschen, Stimmensam­ples und eingestreuten tonhaften Passagen beunruhigend. Natürlich gab es die Spielregel sich bei der Gattung Twitteratur an die 140 Zeichen zu halten, ebenso oft haben sie gegen diese Regel jedoch verstoßen. Die Komponistin und der Hörspieler präsentieren in ihrer Wortspielhalle eine Literatur als Gegenprogramm zu Alltag und Banalität.

Hier findet keine experimentelle Textzertrümmerung statt, diese Poesie spiegelt eine fragmentarische Gesellschaft, diese Autoren öffnen den Blick auf die Gegenwart. Nicht nur die Literatur bedarf der Befreiung durch den Sprachwitz, mehr noch der Leser. Und manchmal steckt eine solche Subversion in einem Diminutiv, gelegentlich in einem dialektalen Wispern.


Die Wienerin Sophie Reyer hält nicht ostentativ an ihrer Sprachfärbung fest, ihr Schmäh hat keine Sanftheit behalten, sondern eine polemische Schärfe gewonnen, die man dieser zierlichen Frau nicht zutraut. Diese sprachmächtige Autorin wird umso bissiger, je lyrischer sie textet.


Weit davon entfernt sich von ihrem Charme abwatschen zu lassen, setzt der ungarisch rheinische VerDichter A.J. Weigoni auf Snobismus, analytische Tiefe und der Verfolgerung der etymologischen Spuren. Wie seiner Mitverschwörerin geht es ihm darum die Monumentalität der Musik in Poesie einzuschmelzen, ohne Ehrfurcht und mit spielerischer Leichtigkeit. Die Aufmerksamkeitsspanne, die Weigoni seinem Gegenüber und dem Leser abfordert, ist von enormer Gewitztheit. Er ist erfrischend die sprunghaft–assoziativen Verknüpfungen anstelle formaler und inhaltlicher Geschlossenheit und die Selbstreflexivität zu lesen, in der ständig das Erzählen und die Sprache als dessen Medium selbst zum Thema werden. Sein Eindampfen stellt in jedem Fall eine VerDichtung war.

Jeder kann sein Leben komponieren wie Musik, diese Übereinstimmung der beteiligten Artisten werden mit den Inventionen von Peter Meilchen weitere Zwischentöne abgewonnen. Das Leben im 21. Jahrhundert und nicht weniger die Kunst: ein Spiel, eine Verschiebung von Signifikanten, ohne schicksalhafte Kettung an ein biografisches oder historisches Signifikat. Die Schwere der Existenz wird aufgehoben durch die Leichtigkeit der künstlerischen Interaktion. Weigonis Variante der Twitteratur läßt einen philosophischen Bildungsroman auf wenige Zeilen zusammenschnurren, während er als Erzähler auf der Suche nach dem Sinn des globalisierten Lebens ist – wie wir alle.

Was Reyer und Weigoni gemeinsam haben, ist der Hang zum Spiel, zum Luftigen, zum Unernst. Sie sind intellektuelle Spieler, zuweilen wilde Poeten und treten auch als politische Polemiker in Erscheinung. In ihrer Onomatopoesie lassen sie den Leser die ganze Emphase ihrer Virtuosität und alle Lust ihrer barock farbigen Fabulierfreude zuteil werden. Sie haben mit ihrem furiosen Kombinieren eine Poesie gezirpt und gezwitschert, die in ihrer Exzentrik die bittere Heiterkeit mittelalterlicher Narren mit der Melancholie verlorener, verstossener Existenzen verbinden und daraus eine aufsässige Selbstbehauptung schöpfen, ein intertextuelles Mythenkunstwerk. Man hat den Eindruck, als würden sie Puzzleteile zusammensetzen, die nie ganz ineinander passen und dann überraschenderweise doch genau zusammengehören. Wenn man am Ende das fertige Puzzle betrachtet, kann man zwar ein Bild erkennen, meint aber durch feine Risse hindurchsehen zu können.

Auf einer Meta–Ebene ist diese Wortspielhalle auch eine Erinnerung an ein Lesen, welches das Leben von Sophie Reyer und A.J. Weigoni verwandelte, man lese dazu das aufschlußreiche Kollegengespräch zwischen der Verwandlungskünstlerin und dem Sprechsteller auf diesem Online-Magazin. Wie in dem früher schon publizierten Gespräch zum Thema Performance erkunden die Autoren präzise das Geheimnis künstlerisch reflektierter Spontaneität. Es ist aufschlussreich für dieses artistische, hoch reflektierte Stück Literatur. Jede zweite Lektüre ist eine Widerbegegnung mit dem Text und mit dem, der man gewesen ist, der man wohl nie aufgehört hat zu sein. Kein Bildhauer kann wie Michelangelo meißeln, kein Maler wie Vermeer malen, keine Dramatikerin wie Ilse Aichinger dichten. Reyer und Weigoni erschaffen lediglich eine Wirklichkeit durch die Deutung der Realität, die uns Leser umfängt. Literarisches Werk und Biografie werden aufeinander bezogen, das Eine aus dem Anderen erklärt.


Die Inventionen in diesem Buch / Katalog stammen von Peter Meilchen. Weil die Grenzen der Sprache zugleich die Grenzen der Welt sind, betrifft die meisten Menschen nur die Welt der Mitteilbarkeit und ihr gemeinsames Symbolsystem, Peter Meilchens Welt hat andere Grenzen, in ihr können Bilder vorkommen, die sich selbst bedeuten. Die bildende Kunst nimmt wieder ihren Ort im Dreieck Kunst – Idee – Bild ein. Und eine Idee zu einem ganzheitlichen Bild, das unterschiedlichste Dinge vereint, zu formen, darin besteht die große Aufgabe künstlerischen Schaffens. Keineswegs ist die Welt also nur alles, was der Fall ist, der Künstler kann es so zeigen, daß sie uns auf fremde Weise vertraut vorkommt.



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Linktipp: »2014« als Erscheinungsjahr haben auch